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23. März 2023 – Seit drei Jahren führt New Delhi die traurige Rangliste der weltweit am stärksten verschmutzten Hauptstädte an. 500 Mikrogramm Partikel pro Kubikmeter Luft erreicht die Feinstaubbelastung dort im Winter. Das ist 7-mal höher als in Beijing und 50-mal höher als in Zürich. Oder anders: Im Luftvolumen der Grösse eines Zuckerwürfels befinden sich unter Umständen Hunderttausende Partikel. Soweit die Vergleiche. Doch woher rühren diese extrem hohen nächtlichen Partikelwerte? Forschende haben dazu wichtige Erkenntnisse gewonnen, wie es in einer Mitteilung vom 13. März 2023 des Paul Scherrer Instituts PSI heisst.
Nirgendwo sonst auf der Welt
Dr. Imad El-Haddad, Atmosphärenchemiker am PSI, spricht von chemischen Prozessen, die bisher nirgendwo auf der Welt beobachtet wurden. Das Forschungsteam des Labors für Atmosphärenchemie am PSI hat gemeinsam mit lokalen Forschenden herausgefunden, was die hohen Feinstaubwerte in New Delhis Nachtluft auslöst: die Dämpfe, die bei der Holzverbrennung entstehen. 400 Millionen Menschen verbrennen in der indischen Ganges-Tiefebene Holz zum Kochen und Heizen. Mangels strenger Beschränkungen wird dabei nicht nur Holz verbrannt – auch Plastik und andere Abfälle werden im Feuer «entsorgt».
Schädliche Gase, sinkende Temperatur
Solche Brände erzeugen ein Gasgemisch mit unzähligen chemischen Verbindungen. Dazu gehören Kresol, das wir als typischen Brandgeruch wahrnehmen, und Moleküle aus der verbrannten Zellulose im Holz. Diese Moleküle sind mit blossem Auge selbst in hoher Konzentration nicht erkennbar. Erst einige Stunden nachdem die Nacht über New Delhi hereingebrochen ist, können sie als grauer Dunst wahrgenommen werden. Nämlich dann, wenn die Gasmoleküle wegen der schnell sinkenden Temperatur kondensieren und sich zu Partikeln von bis zu 200 Nanometern zusammenballen.
Weitere Messungen laufen
Die Messungen, die zu diesen Ergebnissen führten, fanden im Januar und Februar 2019 im Stadtzentrum statt. Vier Jahre wurden die Daten analysiert, bis sie nun in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht wurden. Gemäss André Prévôt, Leiter der Studie, vom PSI werden jetzt ein Jahr lang an zehn Orten in und um die Hauptstadt zusätzliche Proben gesammelt und im Labor analysiert. Rückschlüsse auf weitere Quellen der Luftverschmutzung sind das Ziel. Den Ursachen ist man in New Delhi also einen Schritt nähergekommen. Jedoch, so El-Haddad, brauche es soziale Veränderungen und ein öffentliches Bewusstsein, um die Luftqualität zu verbessern.